Was hat es mit diesen Überzeugungen überhaupt auf sich? Lass uns zunächst darauf einigen, unter dem Begriff „Überzeugungen“ alles zusammenzufassen, was sich in Deinem Verstand abspielt, also all Deine Gedanken, Einstellungen, Vorannahmen, Urteile, Bewertungen, Glaubensmuster, kurz: sämtliche mentalen Prozesse. Dies alles so zusammenzufassen und auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, macht es einfacher, damit umzugehen.
Dass Überzeugungen das Leben in irgendeiner Weise beeinflussen, ist Dir vielleicht nicht völlig neu. Wie gravierend dieser Einfluß ist, ist Dir jedoch möglicherweise nicht so ganz klar.
Und vielleicht siehst Du es ja auch ganz anders, daher lass uns das mal genauer betrachten:
Werden Deine Erfahrungen mit der Welt und dem Leben durch Deine Überzeugungen bestimmt, oder bildest Du Dir Deine Überzeugungen aufgrund der Erfahrungen, die Du machst?
Man könnte darüber sehr lange diskutieren, ohne zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen, und irgendwann kommt man dann zu der Frage, ob zuerst das Ei oder die Henne da war. Diese Weise, an das Thema heranzugehen, ist jedoch müßig, denn es bringt Dich nicht weiter.
Frage Dich doch lieber mal, was Dir mehr persönliche Macht und mehr Handlungsspielraum gibt.
Wenn Du Deine Überzeugungen aufgrund Deiner Erfahrungen bildest, Dir die Ereignisse also mehr oder weniger zustoßen, hast Du keine große Wahl und bist in der Opferrolle.
Wenn Du jedoch von der Annahme/Hypothese ausgehst, dass Du aufgrund Deiner Überzeugungen bestimmte Erfahrungen machst, und wenn Du weiter davon ausgehst, dass Du Dich für bestimmte Überzeugungen entscheiden sowie sie ändern und beseitigen kannst – wie sieht das Leben von diesem Standpunkt aus? Ist es nicht so, dass Du in diesem Fall mehr Kontrolle über Dein Leben hast? (Solltest Du gerne Deine eingefleischte Einstellung behalten wollen, dass Du Deine Überzeugungen aufgrund Deiner Erfahrungen mit der Welt bildest, dann fühl‘ Dich frei, dies zu tun. Für diesen Fall möchte ich Dich gerne einladen, für die Dauer der Übungen einfach mal spaßeshalber mit der Arbeitshypothese zu spielen, von der wir hier ausgehen. Ich weiß, dass ich damit an so manchem liebgewonnenen Weltbild rüttele – wenn Du daher Fragen dazu hast, setze Dich mit mir in Verbindung)
Die Frage, warum Du nun bestimmte Überzeugungen hast und wo diese her kommen, ist ebenso müßig wie die Frage, was zuerst da war. Hilfreicher ist es, zu erkennen und anzuerkennen, was jetzt da ist und dann eine Entscheidung zu treffen – nämlich die, ob Du es behalten willst oder nicht.
Und vielleicht wirft diese Sicht des Lebens ein ganz neues Licht auf bestimmte, immer wieder kehrende Ereignisse in Deinem Leben, die Du nicht unbedingt bevorzugst.
Es gibt viele Möglichkeiten, mit Überzeugungen umzugehen, von denen ich Dir im folgenden einige vorstellen möchte:
In der vorangegangenen Übung hast Du Deine Überzeugungen notiert. Untersuche nun jede einzelne Überzeugung mit den folgenden vier Punkten:
- Finde heraus, ob die jeweilige Überzeugung hilfreich und unterstützend – mache dann ein ( + ) dahinter – oder behindernd und begrenzend ( – ) ist.
- Denke darüber nach, wie Du zu der Überzeugung gekommen bist – bzw. wie die Überzeugung zu Dir gekommen ist: hast Dich bewusst und absichtsvoll dafür entschieden, also freien Stücken angenommen (F) oder ob Du sie unbewusst angenommen hast (U), z.B. durch erzieherische Maßnahmen (Eltern, Schule, …) oder andere Manipulationen (Kirche, Werbung, Politik, …)
- Je höher der Grad an Gewissheit, umso stärker wirkt sich diese Überzeugung in Deinem Leben aus. Daher bewerte nun die Überzeugungen, inwieweit Du davon überzeugt bist. Auf einer Skala von 1 – 10, wobei 1 = 0% und 10 = 100% entspricht: wo würdest Du die jeweilige Überzeugung einordnen? Zu wieviel % bist Du davon überzeugt? Und weshalb? Was veranlaßt Dich dazu, in dem Maße davon überzeugt zu sein? Was könntest Du tun (oder lassen), um die Überzeugung in der Skala zu verschieben?
- Und nun überlege Dir abschließend, ob Du diese Überzeugung behalten möchtest oder welche Du stattdessen viel lieber hättest. Im zweiten Fall schreibe Dir diese auf. Wir werden in einer späteren Lektion damit arbeiten.
Wenn Du die entsprechende Überzeugung nicht mehr haben möchtest, dann frage Dich selbst, was Du tun könntest, um sie in Deiner Skala der Gewissheit nach unten zu bewegen.
„Was auch immer uns dazu veranlaßt, die Dinge auf die eine oder andere Weise wahrzunehmen, läßt uns die Dinge mit einer gewissen Notwendigkeit so sehen – unabhängig davon, was wir im betreffenden Moment wollen.
An diesem Punkt sollten wir uns mit der buddhistischen Vorstellung von den Geistesprägungen befassen. Der Ausdruck „Geistesprägung“ gibt die eigentliche Bedeutung des Wortes Karma wieder. Da jedoch in Zusammenhang mit diesem Wort so viele Mißverständnisse kursieren, wollen wir im Folgenden weiterhin von „Geistesprägungen“ bzw. „Prägungen“ sprechen.
Diese Prägungen für „gute“ oder „schlechte“ Erfahrungen kommen auf dreierlei Art und Weise zusammen: indem wir etwas tun, indem wir etwas sagen und sogar indem wir etwas denken.
Auf einer Ebene des Geistes wird unablässig alles aufgezeichnet, was wir durch unsere Augen, unsere Ohren und alle weiteren Sinne wahrnehmen. Selbst unsere Gedanken werden aufgezeichnet.“– Geshe Michael Roach
Tipps für den Alltag:
- Versuche Dich selbst immer besser kennenzulernen, indem du auf die Deinem Handeln zugrunde liegenden Muster und Einstellungen achtest und Dir dieser immer mehr gewahr wirst.
- Bedenke, dass Du etwas erst dann ändern kannst, wenn Du es erkannt hast.
- Das, was da ist zu ignorieren, macht keinen Sinn, denn dadurch wirst Du es nicht los.